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Im Wintersemester 2023/24 findet an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg die Lesungs- und Vortragsreihe Trauer schreiben statt. Renommierte Autor*innen werden in Lesung und Gespräch ihre jüngst erschienenen literarischen Texte, wissenschaftliche Expert*innen hingegen Ergebnisse ihrer Forschung präsentieren. Der Fokus auf das Schreiben ist in zweierlei Hinsicht produktiv: Zum einen steht es als ‚Kulturtechnik‘ beispielhaft für eine Reihe von Möglichkeiten, mit existenziellen Verlusterfahrungen kreativ-transformativ umzugehen. Die Ergebnisse oder Produkte des Schreibens, Texte also, lassen sich zum anderen als ‚Seismographen‘ kultureller Trauervorstellungen und -praktiken verstehen. Speziell literarische Texte können diese jedoch nicht nur abbilden und ‚spiegeln‘, sondern auch hinterfragen sowie im Modus der fiktionalen Imagination neue Bilder, Denkfiguren und Einsichten anbieten. Über etwas so Abgründiges wie Trauer zu sprechen und zu schreiben, bedeutet immer auch, sich dem Nicht-Sagbaren anzunähern und sich an der Schwelle zum Schweigen zu bewegen, zugleich aber, und sei es nur ex negativo, sich mit Liebe, Hoffnung und Trost auseinanderzusetzen. 

Am 25. Oktober 2023 liest die deutsch-russische Autorin Olga Martynova aus ihrem Gespräch über die Trauer (S. Fischer, 2023) – eine intime Auseinandersetzung der Bachmannpreisträgerin mit dem Tod ihres Mannes Oleg Jurjew, der 2018 starb. In der Form des Tagebuchs geschrieben, finden auch essayistische Miniaturen, erzählerische Passagen, Gedichte und unzählige Zitate Platz im Buch, das ein hochgradig selbstreflexives und mitunter schmerzhaft direktes ‚Gespräch‘ mit sich selbst ist, aber auch mit dem Verstorbenen und der literarisch-philosophischen Tradition.

Den zweiten Abend bestreitet Dr. Christian Schütte (Universitäten Leipzig und Rostock) am 8. November 2023. In seinem Vortrag Die Sprache der Trauer. Linguistische Analysen der Kommunikation über den Tod – am Beispiel von Trauerratgebern und -foren widmet er sich dem Thema Trauer aus Perspektive der Thanatolinguistik. In diesem Feld – der Analyse sprachlicher Umgangsweisen mit Tod und Trauer – ist er einer der führenden Experten im deutschsprachigen Raum.

Aus seinem jüngsten Roman Der Vorweiner (Claassen, 2023) liest am 22. November 2023 Bov Bjerg, der mit seinem Roman Auerhaus (2008, 2019 unter der Regie von Neele Vollmar verfilmt) den Durchbruch als Autor feierte. 2020 schaffte es sein Roman Serpentinen auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises. Bjergs Dystopie Der Vorweiner erzählt, wie der Tagesspiel schreibt, „von einer postapokalyptischen Welt, in der es weder Empathie noch Regen gibt und auch das Erzählen nicht mehr hilft“ – und in der Trauer konsequenterweise von sog. Trauergastarbeitern übernommen wird.

Den Abschluss macht am 17. Januar Prof. Dr. Antje Kley, die an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg den Lehrstuhl für Amerikanistik, insbesondere Literaturwissenschaft innehat. In ihrem Vortrag Trauer – Literatur – Trost präsentiert sie exemplarisch Ergebnisse ihres Forschungsprojekts Death becomes us – stories of the end of life in contemporary literature and culture, in dem sie in Anlehnung an die Age und Disability Studies untersucht, wie in literarischen Texten, Medien und kulturellen Praktiken in den USA „uncertain and threatening futures under the sign of death“ diskursiv verhandelt werden.

Flankiert wird die Reihe Trauer schreiben von einem gleichnamigen Proseminar an der Universität Bamberg, in dem die Studierenden weitere Trauertexte – von Sophokles' Antigone über Friedrich Rückerts Kindertodtenlieder bis Joan Didions Das Jahr magischen Denkens – ausgiebig diskutieren und sich mit der Literatur- und Kulturgeschichte der Trauer auseinandersetzen.

Die Reihe erfährt weitere finanzielle Unterstützung vom Deutschen Literaturfonds und dem Kulturamt der Stadt Bamberg.

Kontakt

Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe an den Organisator Jonas Meurer.
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft
An der Universität 5, 96047 Bamberg
Mail: jonas.meurer@uni-bamberg.de
Telefon: 0951-8632250